Die Berechnung des Kindesunterhalts

 

Wie berechnet das Familiengericht den Kindesunterhalt? Die Höhe des Nettoeinkommens und die Zahl der unter-haltsberechtigten Angehörigen spielen die entscheidende Rolle. Im Einzelnen geht das so:

Der angemessene Kindesunterhalt wird mit Hilfe des Einkommensteuerrechts (§ 32 Abs. 6 EStG) geregelt. Der Unterhalt wird an das „sächliche Existenzminimum“ eines Kindes gekoppelt. 2017 ergibt sich so der Wert von 4.716 € (= 393 € monatlich). Das ist dann der Mindestbetrag für die mittlere Altersstufe (7 bis 12 Jahre). Für die jüngeren Kinder werden davon 87 % (= 342 €) als Basis genommen, für die älteren Minderjährigen 113 % (= 460 €). Je nach dem Einkom-men des Unterhaltspflichtigen werden diese Mindestsätze um
5 % bis 60 % erhöht.

 

Ist die Düsseldorfer Tabelle eine gesetzliche Regelung?

Die erste Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle entspricht dem Mindestunterhalt und gibt also Beträge wieder, die auf gesetzlicher Grundlage abgeleitet werden (§ 1612a BGB). Die Tabelle legt darüber hinaus Unterhaltsbeträge auch ein­kommensabhängig und für volljährige Kinder fest. Insoweit hat sie keine Gesetzeskraft, aber die Familiengerichte halten sich an sie.

Vereinbarungen über Kindesunterhalt, die nicht den Beträgen der Tabelle folgen, sind in Grenzen zulässig. Hat der Unter-haltsverpflichtete ein Netto­einkommen von mehr als 5.100 €, kann ein höherer Unterhalt als der höchste Tabellenbetrag gefordert werden. Dafür muss aber der Bedarf des Kindes konkret festgestellt werden. Das erfordert Nachwei­se über die erforderlichen Ausgaben für einen Lebensstil, der dem Stan­dard des Unterhaltszahlers entspricht.

Wenn dem Unterhaltspflichtigen nach Zahlung des Mindestun-terhalts kein Existenzminimum übrigbleibt, wird ein niedrige-rer Kindesunterhalt angeordnet. Dann tritt die Unterhaltspflicht anderer Angehöriger (anderer Elternteil, Großeltern) ein. Wenn dort nichts zu holen ist, ist das Kind grundsicherungsberechtigt.

Abweichende Beträge ordnen die Familiengerichte auch dort an, wo das Kind im Ausland lebt. Auch dann geht es zwar nach der Leistungsfähigkeit des Unterhaltszahlers, aber es wird länderspezifisch die Kaufkraft des Euros berücksichtigt. Das führt meist zu Abschlägen.

 

Wie liest man die Düsseldorfer Tabelle? Ein Beispiel:

Die achtjährige Maja und der fünfjährige Sebastian leben bei der Mutter Miriam in dem Haus, das beiden Eltern gehört. Axel, der Vater, ist ausgezogen. Miriam fordert von Axel Kindesunterhalt. Trennungsunter­halt fordert Miriam nicht, solange Axel die Raten für den Hauskredit be­dient.

Zugrunde gelegt wird Axels Durchschnitt der letzten zwölf Monate.

Axels Steuernetto aus seiner Vollzeitstelle als Assistenzarzt beträgt zwölfmal 2.640 €. Hinzugerechnet werden eine Sonderzahlung, die im No­vember ausgezahlt wurde, und eine Steuerrückerstattung, die im April zu­geflossen ist. Aus einer Geldanlage hat Axel, nach Abzug der Kapitaler­tragssteuer, 930 € erhalten. Auch die zählen zum laufenden Einkommen: Alle Einnahmen werden summiert und durch 12 geteilt.

Abziehen darf Axel für den Weg zur Arbeit eine – regional unterschiedli­che – Kilometerpauschale, seine Riesterrente, einen Berufsverbandsbeitrag und vor allem die Raten fürs Haus. Wer Miete zahlt, ist weniger begüns­tigt: Miete ist Lebenshaltung, Darlehensraten sind berücksichtigenswürdige Schulden. Im Gegenzug wird aber bei Wohnungseigentümern der Wohn­vorteil – die einge-sparte Vergleichsmiete – hinzuge­rechnet wie bares Einkommen.

Die anerkannten Abzugsposten sind ein weites Feld. Sie ergeben sich zum Teil aus den unterhaltsrechtlichen Leitlinien, die die Oberlandesgerichte auf ihren Webseiten veröffentlichen, und zum Teil aus Gerichtsurteilen.

 

Wer sich über Kindesunterhalt in der Düsseldorfer Tabelle informieren will, muss bei den Zahlbeträgen (Anhang zur Tabelle) nachsehen. Erst dort ist das halbe Kindergeld berücksichtigt.

 

Auf diesem Weg kommt Axel zu einem „unterhaltsrechtlichen Netto“, das bei etwa 1.950 € liegt. Axel zählt also zur zweiten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle (über 1.900 €). Da er nur knapp über der Grup­pe 1 (bis 1.900 €) liegt, dürfte das Gericht ihn in diese Gruppe ein­stufen. Denn die Tabelle geht von einem Menschen aus, der zwei Angehö­rigen Unterhalt zahlt. Axel zahlt aber für  drei, für die beiden Kinder und durch die Darlehensraten für seine getrennte Ehefrau.

Axels Sohn ist fünf Jahre und damit gerade noch in der ersten Altersstufe (0 bis 5 Jahre). Der Unterhaltsbetrag lautet also 257 € (dabei mindert das an Miriam gezahlte staatliche Kindergeld seine Unterhaltspflicht). Die Tochter gehört zur zweiten Altersstufe. Der sogenannte Zahlbetrag ist auch hier um die Hälfte des Kindergelds gekürzt, also (406 € – 97 € =) 309 €.

 

 

Werden Schulden bei der Berechnung anerkannt?

Grundsätzlich vermindern die tatsächlich geleisteten Zahlun-gen auf Schul­den (Darlehensraten auf Haus- oder Praxisfinan-zierung, Konsumentenkre­dite) das „unterhaltsrechtliche Netto“. Voraussetzung ist, dass die Verbindlichkeiten aus anerken-nenswerten Gründen eingegangen wur­den.

Bei der Berücksichtigung von Schulden gibt es regionale Unterschiede. Die unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Ober-landesgerichte sind unterschiedlich streng. Der Bundesge-richtshof hat 2010 entschieden, dass auch Schulden, die erst nach der Trennung entstanden sind, den Lebensstandard der Kinder und damit die Unterhaltshöhe prägen.

 

Tilgung einer Praxisfinanzierung muss berücksichtigt werden

Umstritten sind im Unterhaltsstreit häufig die Tilgungen eines Kredits zum Praxiserwerb. Während die Zinsen dieses Darle-hens als Betriebsausgaben von vorneherein den Gewinn schmälern, werden die Tilgungen in der Ein­nahme-Über-schuss-Rechnung (oder Bilanz) nicht ertragsmindernd berück­sichtigt. Der Zufluss des Darlehens war schließlich keine zu versteuernde Betriebsein­nahme – daher ist die Rückführung des Darlehens auch keine steuermin­dernde Betriebsausgabe.

Das führt dazu, dass die Tilgungen aus dem Gewinn des Praxisinhabers nach Steuern entrichtet werden müssen. Damit schmälern solche Raten grundsätzlich das „unterhalts-rechtliche Nettoeinkommen“. Das gilt jeden­falls solange, wie der gesamte Tilgungsplan nach Höhe der Raten und Zeit­raum der Rückführung vernünftig ist. Wenn hohe Raten und rasche Rück­führung schon vor der Trennung vereinbart waren, werden sie eher aner­kannt werden. Kritisch beleuchtet werden Um-schuldungen nach der Tren­nung oder Scheidung, mit denen die Darlehensraten erhöht und damit die Leistungsfähigkeit für den Unterhalt vermindert werden.

Der Umfang der Berücksichtigung ist eine Frage der richter-lichen Wertung und damit auch von den Argumenten abhängig, die die Beteiligten und ihre Anwälte vor­tragen.

 

Rechtsanwalt Uwe Koch

Fachanwalt für Familienrecht
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Aus der Fachliteratur:

Familienrecht in der ärztlichen Behandlung

 

Dem Thema „Familie und Arzt“ widmet die Fachzeitschrift Familienrecht kompakt einen Beitrag. Robert Kazemi, Bonn: Medizinrecht in der familienrechtlichen Beratung, in: Familienrecht kompakt 2013, 49-53.



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Vom Autor dieser Seite:

Uwe Koch/Dirk Otto/Mark Rüdlin:

Recht für Grafiker und Webdesigner

10. Auflage 2012, 49,90 €, Verlag GalileoPress

Weitere Informationen zu Trennung, Scheidung und Unterhalt unter:

Ein Portal des Berufsverbbands der Rechtsjournalisten e.V.