Arztpraxis und Ehevertrag

Es gibt gute Gründe gegen einen Ehevertrag. Um darüber zu reden, findet sich nie der richtige Zeitpunkt. Wenn die Partner gerade den Mut gefasst haben, ihre Beziehung durch Heirat zu festigen, wollen sie die Hochzeit planen, aber nicht über ihre Finanzen im Fall des Scheiterns reden. Auf einen Ehevertrag zu verzichten ist aber für einen Selbstständigen riskant.

 

Was ist ein Ehevertrag? Der Vertrag ändert die gesetzlichen Bestimmungen über die finanziellen Folgen eines Scheiterns der Ehe ab.

 

Was gilt ohne Ehevertrag? Wer keinen Ehevertrag schließt, vertraut auf die gesetzlichen Regelungen über Unterhalt, Rentenansprüche und Vermögenszuwachs. Diese Regelungen sind oft klug und gerecht. Ihr Ausgangspunkt ist jedoch eine traditionelle Rollenverteilung. Das gesetzliche Scheidungsfolgenrecht will soziale Gerechtigkeit schaffen für Frauen, die wenig berufstätig waren und viel Familienarbeit geleistet haben.

 

Unterhalt ohne Ehevertrag richtet sich nach zwei Grundsätzen:

a) Die ehelichen Lebensverhältnisse sollen fortgeführt werden. Es wird berechnet, welches Nettoeinkommen jeder Partner nach Abzug von Kindesunterhalt, Darlehensraten und Werbungs-kosten hat. Die Differenz wird ausgeglichen. Dieser Maßstab gilt mindestens im Trennungsjahr, häufig bis zur Rechtskraft der Scheidung und, zum Beispiel nach langer Ehe, möglicherweise darüber hinaus. Und:

b) Ehebedingte Nachteile werden ausgeglichen. Hauptfälle der ehebedingten Einkommensunterschiede sind Kinderbetreuung oder Karrierenachteile wegen längerer Berufspause. Dieser Maßstab gilt häufig schon ab dem Scheidungsantrag, zumeist aber nach der Scheidung. Dieser kompensatorische Unterhalt kann (auch heute noch) unbefristet angeordnet werden, wenn sich die Erwerbsnachteile nicht mehr ausgleichen lassen.

Altersversorgung ohne Ehevertrag:

Alle in den Ehejahren erworbenen Versorgungsansprüche werden hälftig geteilt. Dies betrifft neben der gesetzlichen Rentenversicherung und der Ärzteversorgung auch betriebliche Altersversorgungen (z.B. VBL) und Lebensversicherungen, die auf eine Rentenzahlung ausgerichtet sind.

 

Vermögensausgleich ohne Ehevertrag:

Alle Zuwächse, die das Vermögen jedes einzelnen Ehepartners erfährt, werden hälftig geteilt. Erbschaften und Schenkungen gehören allein dem Erben oder Beschenkten. Aber auch ihre Wertsteigerungen (Beispiel: Wertzuwachs einer Immobilie) unterliegen dem Zugewinnausgleich. Schuldenabbau, zum Beispiel einer Arztpraxis, ist Zugewinn.

Was kann ein Ehevertrag daran ändern?

Im Grundsatz herrscht Vertragsfreiheit. Allerdings unterliegen Eheverträge, wenn sie zur Anwendung kommen, also bei der Scheidung, einer gerichtlichen Überprüfung. Der Bundes-gerichtshof sieht alle gesetzlichen Ehefolgen (Unterhalt, Ver-sorgungsausgleich, Zugewinnausgleich) als abänderbar an. Nur wenn die einzelnen Vereinbarungen in ihrer Kombination zu einer erheblichen Benachteiligung führen und ein Ehepart-ner erkennbar nicht auf Augenhöhe verhandeln konnte, kann der Vertrag unwirksam sein. Kritisch geprüft wird der kompen-sationslose Ausschluss von Betreuungsunterhalt, Alters- oder Krankheitsunterhalt. Vermögensrechtliche Regelungen sind durchweg erlaubt (BGH vom 15. 03. 2017 -- XII ZB 9/16).

Was spricht für einen Ehevertrag?

Über einen Ehevertrag sollte nachdenken, wer

• eine Praxisübernahme durch Darlehen finanziert hat und daher erhebliche Kreditraten leistet,

• eine erhebliche Wertsteigerung seiner Praxis oder seines sonstigen Unternehmens erwartet,

• als Angestellter gesetzlich rentenversichert ist, zum Beispiel im Versorgungswerk, während der Partner als Freiberufler/Unternehmer seine Beitragsleistungen weitgehend selbst bestimmen kann,

• einen vermögenden Partner heiratet, der keiner nachhaltigen Erwerbstätigkeit nachgehen wird,

• an einer Gemeinschaftspraxis oder einem MVZ beteiligt ist und diese Beteiligung vor Zugewinnausgleich schützen will.

Welches ist der richtige Zeitpunkt?

Ein Ehevertrag kann vor der Hochzeit, während bestehender Ehe (zum Beispiel aus Anlass einer Praxisübernahme), oder nach der Trennung (sog. Trennungs- und Scheidungsfolgen-vereinbarung) abgeschlossen werden. Die inhaltlichen Frei-heiten sind am größten, wenn noch keine Ehe oder Schwan-gerschaft besteht. Erforderlich ist notarielle Beurkundung. Dabei wird überparteilich beraten. In Zweifelsfällen empfiehlt es sich, die persönliche Interessenslage vorher mit einem eigenen Rechtsanwalt zu besprechen.            (Letzte Änderung: 31.03.2019)

 

Rechtsanwalt Uwe Koch

Fachanwalt für Familienrecht
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Aus der Fachliteratur:

Familienrecht in der ärztlichen Behandlung

 

Dem Thema „Familie und Arzt“ widmet die Fachzeitschrift Familienrecht kompakt einen Beitrag. Robert Kazemi, Bonn: Medizinrecht in der familienrechtlichen Beratung, in: Familienrecht kompakt 2013, 49-53.



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Vom Autor dieser Seite:

Uwe Koch/Dirk Otto/Mark Rüdlin:

Recht für Grafiker und Webdesigner

10. Auflage 2012, 49,90 €, Verlag GalileoPress

Weitere Informationen zu Trennung, Scheidung und Unterhalt unter:

Ein Portal des Berufsverbbands der Rechtsjournalisten e.V.